Die ersten Wochen nach der Geburt eines Kindes sind im wahrsten Sinne des Wortes unbeschreiblich. Hormone, Muttergefühle und Familienglück halten sich die Waage. Prioritäten werden neu geordnet, Alltagsroutinen umstrukturiert und das richtige Verhältnis aus Frausein und Mutterschaft will gefunden werden. Und genau an dieser Stelle möchte euch Ultramarathonläuferin, Buchautorin und frisch gebackene Mama Sandra Mastropietro mitnehmen. In ihrem Artikel geht es um die plötzliche Leere im Bauch nach der Geburt, den Weg zurück in den sportlichen Alltag und das damit verbundene “Körpergefühl”.
“Stell Dir vor, Du würdest eine Blaubeere mit der Kraft Deines Beckenbodens aufheben wollen.” antwortet meine Hebamme auf die Frage, wie ich denn jetzt am Besten wieder mit dem Sport beginnen solle. “Das ist ein Scherz, oder?” frage ich sie, skeptisch lachend.
“Nein, das meine ich sowas von ernst! Für mehr ist der Körper direkt nach Geburt nicht bereit - und das soll er auch gar nicht. Milchbildung, Hormonregulierung, geburtsbedingter Heilungsprozess und die Versorgung eines Neugeborenen “fressen” sämtliche Kapazitäten. Auch wenn es schwer fällt: In der Rückbildung bedarf es Geduld, man sollte nicht “zu schnell zu viel wollen”, entgegnet sie mir mit einem Gesichtsausdruck, der keine Widerworte zulässt.
Doch ist diese Geduld nun mal nicht jeder Fraus Stärke. Besonders dann nicht, wenn sie vor und während der Schwangerschaft sehr aktiv war. Ich denke, ich spreche hier nicht nur von mir und für mich, wenn ich an dieser Stelle ehrlich zugebe, dass ich trotz Babyglück meinen “alten Körper” gerne schnellstmöglich wieder hätte.

Der richtige Zeitpunkt.
Der Zeitpunkt, wann ihr nach der Geburt wieder mit dem Sport beginnen könnt, ist individuell und hängt mit eurem Fitnesslevel vor der Geburt sowie die Art der Geburt ab. Eine Hebammen-Faustregel besagt, dass man - bei einer normalen Entbindung - etwa sechs Wochen nach Geburt langsam wieder anfangen darf. Nach einem Kaiserschnitt sind es sogar, je nach Heilungsverlauf, etwa acht bis zehn Wochen. Doch wie vorangestellt: der Zeitpunkt kann von Frau zu Frau variieren. Es empfiehlt sich immer die Rücksprache mit eurer Hebamme und/oder eurem Arzt.
Warum erst “so spät”?
Nicht nur die Position der Organe im Bauch sowie die Beschaffenheit der Hüft- und Beckenregion hat sich durch die Schwangerschaft verändert, auch die entsprechende Muskulatur wurde gedehnt. Meine Hebamme führte gar den Vergleich mit einer Hängematte an, deren Federn sich auch erst langsam “zurückziehen”, nachdem etwas Schweres darin lag.
Kann ich die Rückbildung in der Wochenbettzeit schon “vorbereiten”?
Ja! Ihr könnt euren Beckenboden im Alltag mit Kind immer wieder gezielt ansteuern ("Hallo Blaubeerernte!"). Alltagssituationen wie Zähneputzen oder “Kaffeedurchlaufmomente” eignen sich perfekt für das Setzen kurzer Impulse. So habe ich mir zum Beispiel angewöhnt, jeden Morgen, während der Kaffee durchläuft, ein paar Squats zu machen. Das regt nicht nur den Kreislauf an (was nach kurzen Nächten durchaus hilfreich sein kann), sondern stärkt und strafft auch die Oberschenkel- und Po-Region.
Das Kinderwagenschieben ist der perfekte Trainingsmoment, um an eurer Grundlagenausdauer zu arbeiten. Oder ihr nutzt es direkt als kleines Workout: Schieben im Ausfallschritt, Schieben auf Zehenspitzen mit angespannten Beckenboden, ein paar Site-Kicks oder Squats an Laternen oder Mauern - eurer Fantasie sind nur die eigenen, beckenboden-muskulären Grenzen gesetzt. Ein paar Inspirationen erhaltet ihr in folgendem Video.
Wessen Kind nicht gerne im Kinderwagen liegt, der kann ähnliche Ausführungsvarianten auch mit dem Tragegurt erledigen. No Excuses also! Ein paar Ideen für ein Workout mit dem Ergobaby findet ihr im Video unten.
WICHTIG: Bedenkt die Körperwärme und achtet immer auf einen angenehmen Temperaturhaushalt für euch und euer Baby. Ihr könnt die Übungen einzeln einfach immer mal wieder in euren Alltag einbauen, wenn ihr das Ergobaby sowieso umgeschnallt habt (z.B. beim Zähneputzen, bis das Wasser kocht oder der Fläschchensterilisator fertig ist.)
Ich hoffe, ich konnte euch ein paar Anregungen für euren sanften Wiedereinstieg in den Sport nach der Geburt geben. Jetzt habe ich noch drei persönlichen Tipps für euch:
- Der körpereigene Indikator
- Der richtige Sport-BH
- Für gymtastische Cardioqueens
Das alles waren Erfahrungen, die ich selbst auf meiner Rückbildungsreise gesammelt und mit meiner Hebamme analysiert habe. Ich möchte diese mit euch teilen, um euch Mut zu machen. Ein Kind zu bekommen bedeutet nicht zwingend, im Sport drei Jahre ausschließlich zurückzustecken. Es bedeutet anfangs ein noch gezielterer Muskelaufbau sowie das konsequente Stärken der Grundlagen, mit dem Resultat einer perfekten Basis für all eure sportlichen Ziele.
Dennoch, bedenkt gerade zu Beginn der Rückbildung: Euer Körper leistet gerade Großartiges - gebt ihm Zeit! Der Rückbildungsprozess ist von Frau zu Frau unterschiedlich und hängt sowohl von eurer “Veranlagung” als auch eurem Aktivitätslevel vor und während der Schwangerschaft ab. Vergleiche untereinander, vor allem in den ersten neun Monaten nach der Geburt, sind unangebracht. Denn genauso lange braucht euer Homonhaushalt, bis er sich nach der Geburt wieder normalisiert hat.
In diesem Sinne: Ein Schritt nach dem anderen - genau wie die Entwicklung eures Baby. Happy Blaubeerernte!
Alles Liebe, eure Sandra.




